Nikolaus von Myra
Vorbemerkungen:
Es ist wohl dem allgemeinen Bewusstsein immer mehr entschwunden, dass Nikolaus ein Orientale ist und zu dem Vertreter der Ostkirche geworden ist. In unserer modernen Welt ist er Schokoladensüß und wird meist in eine mittelalterliches Bischofsgewand eingepackt und er taucht in dieser Kostümierung (vorher bestellt) in den Wohnungen und Häusern aus und verteilt an die Kinder, wenn sie brav ihre Sprüchlein aufgesagt haben, Süßigkeiten und anderes Spielzeug, das sie von den Eltern bekommen haben. (Solche bestellten Nikoläuse werden in der Regel bezahlt. Dann gibt es noch die Tradition, dass sie durch den Rauchfang in das Haus kommen (Voraussetzung dafür ist eine „mittelalterliche Küche mit einem Holzherd oder ein Holzkamin zum Heizen.)
Auf diese Weise wird dem Advent schon ein wenig seine ernsthaft gemeinte Vorbereitungszeit für Weihnachten genommen und in manchen Ländern erscheint dann der Nikolaus erst zu Weihnachten als Weihnachtsmann.
Nikolaus
(altgriechisch Νικόλαος Μυριώτης Nikólaos Myriṓtēs
zwischen 270 und 286 in Patara; † 6. Dezember 326, 345, 351 oder 365) ist einer der bekanntesten Heiligen der Ostkirchen und der lateinischen Kirche. Sein Gedenktag, der 6. Dezember, wird im gesamten Christentum begangen und ist mit zahlreichen Bräuchen verbunden.
Nikolaus wirkte in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts als Bischof von Myra in der kleinasiatischen Region Lykien, damals Teil des römischen, später des byzantinischen, noch später des osmanischen Reichs, heute der Türkei. Sein griechischer Name Nikólaos (aus νίκη und λαός) bedeutet „Sieg des Volkes“ und war bereits in vorchristlicher Zeit gebräuchlich.
Über das Leben des historischen Nikolaus gibt es nur wenige belegte Tatsachen. Myra in Lykien, mittlerweile Demre, ist ein kleiner Ort etwa 100 km südwestlich von Antalya in der heutigen Türkei. Im 4. Jahrhundert war der Ort Bischofssitz, die Einwohner sprachen Griechisch. Berichte über Nikolaus’ Leben stammen z. B. von Andreas von Kreta (um 700) und von einem Mönch Johannes aus dem Studitenkloster in Konstantinopel, das im 5. Jahrhundert gegründet wurde. Nach übereinstimmenden Überlieferungen wurde Nikolaus zwischen 270 und 286 in Patara geboren, einer Stadt in Lykien. Der Überlieferung zufolge wurde er mit 19 Jahren von seinem Onkel Nikolaus, dem Bischof von Myra, zum Priester geweiht und dann Abt des Klosters Sion in der Nähe von Myra. Während der Christenverfolgung 310 wurde er gefangen genommen und gefoltert. Sein ererbtes Vermögen verteilte er unter den Notleidenden. Dies wird auch von den besser bezeugten Bischöfen des 4. Jahrhunderts Ambrosius von Mailand und Basilius von Caesarea berichtet und gilt dort als historische Tatsache. Um Nikolaus ranken sich dazu verschiedene Legenden.
Der heilige Andreas von Kreta und Johannes vom Studitenkloster berichteten, Nikolaus habe am Konzil von Nicäa teilgenommen und dort seinen Widersacher Arius geohrfeigt. Deshalb sei er zuerst verhaftet, gegen Ende des Konzils aber rehabilitiert worden. Nikolaus ist nicht in der Unterzeichner-Liste von Nicäa enthalten, die allerdings unvollständig überliefert ist. Andererseits gehört Bischof Theognis von Nicäa, den Nikolaus laut Andreas beim Konzil von der katholischen Sichtweise überzeugt haben soll, zu den historisch belegten Unterzeichnern. Von den insgesamt bekannten 16 Teilnehmerlisten des Konzils ist Nikolaus von Myra sechsmal als Teilnehmer des Konzils von Nicäa vermerkt.
Nikolaus’ Wirken hat zu vielfältigen Legendenbildungen beigetragen, die im Laufe der Jahrhunderte dazu führten, dass er als einer der wichtigsten Heiligen angesehen wurde. Die Legenden basieren allerdings nicht nur auf dem Leben des Bischofs von Myra, sondern auch auf denen eines gleichnamigen Abtes des Klosters Sion bei Myra, der später Bischof in Pinara war und 564 starb.
Mitgiftspende: Bewahrung vor der Prostitution
Ein verarmter Mann beabsichtigte, seine drei Töchter zu Prostituierten zu machen, weil er sie mangels Mitgift nicht standesgemäß verheiraten konnte. Nikolaus, noch nicht Bischof und Erbe eines größeren Vermögens, erfuhr von der Notlage und warf in drei aufeinander folgenden Nächten je einen großen Goldklumpen durch das Fenster des Zimmers der drei Jungfrauen. In der dritten Nacht gelang es dem Vater, Nikolaus zu entdecken, ihn nach seinem Namen zu fragen und ihm dafür zu danken. Aufgrund dieser Legende wird der Heilige oft mit drei goldenen Kugeln oder Äpfeln als ikonografischem Heiligenattribut dargestellt.
Stillung des Seesturms
Nikolaus beschützt die Seefahrer (Flügelaltar in St. Nikolai (Oberbobritzsch)
In Seenot geratene Schiffsleute riefen in ihrer gefährlichen Lage den heiligen Nikolaus an. Ihnen erschien ein mit Wunderkräften ausgestatteter Mann und übernahm die Navigation, setzte die Segel richtig und brachte sogar den Sturm zum Abflauen. Daraufhin verschwand der Mann wieder. Als die Seeleute in der Kirche von Myra zum Dank für ihre Rettung beteten, erkannten sie den Heiligen und dankten ihm. Wegen dieser und ähnlicher Erzählungen wurde Nikolaus zum Patron der Seefahrer.[15]
Kornwunder
Nikolaus und das Kornwunder (Altartafel in der Kirche St. Mariae in Mühlhausen in Thüringen)
Während einer großen Hungersnot erfuhr der Bischof von Myra, dass ein Schiff im Hafen vor Anker lag, das Getreide für den Kaiser in Byzanz geladen hatte. Er bat die Seeleute, einen Teil des Kornes auszuladen, um in der Not zu helfen. Sie wiesen zuerst die Bitte zurück, da das Korn genau abgewogen beim Kaiser abgeliefert werden müsse. Erst als Nikolaus ihnen versprach, dass sie für ihr Entgegenkommen keinen Schaden nehmen würden, stimmten sie zu. Als sie in der Hauptstadt ankamen, stellten sie verwundert fest, dass sich das Gewicht der Ladung trotz der entnommenen Menge nicht verändert hatte. Das in Myra entnommene Korn aber reichte volle zwei Jahre und darüber hinaus noch für die Aussaat.
Stratelatenwunder
Stratelatenwunder (Altartafel in der Kirche St. Mariae in Mühlhausen in Thüringen)
Nikolaus lernte drei oströmische Feldherren (griech. στρατηλάτης, stratelates, Feldherr) kennen, die er zu sich nach Myra einlud. Sie wurden Zeugen, wie der Bischof drei unschuldig zum Tod Verurteilte vor der Hinrichtung bewahrte, indem er dem Scharfrichter das Schwert aus der Hand riss. Zurück in Byzanz wurden die drei Feldherren Opfer einer Intrige und selbst zum Tod verurteilt. Im Kerker erbaten sie die Hilfe des heiligen Nikolaus, der daraufhin dem Kaiser und dem Intriganten im Traum erschien. Zutiefst erschrocken veranlasste der Kaiser die unverzügliche Freilassung der Feldherren.[16]
Heimführung eines verschleppten Kindes
Ein Mann, der den heiligen Nikolaus um Hilfe bitten wollte, dass ihm endlich ein Kind geboren werde, traf den Bischof nicht mehr lebend an, sondern kam gerade noch zur Bestattung. Er nahm ein Stück des Leinens, auf dem der Heilige lag, als Reliquie mit. Am 6. Dezember des folgenden Jahres bekam das Ehepaar tatsächlich einen Sohn. Das Kind wurde jedoch an seinem siebten Geburtstag von Arabern nach Babylonien entführt. Wiederum genau ein Jahr später wurde das Kind, das seither als Sklave arbeiten musste, von einem Wirbelwind erfasst und genau vor der Nikolauskirche abgesetzt, in der die Eltern für die Rückkehr des Jungen beteten.
Wannen- und Säuglingswunder
Nikolaus soll bereits als Säugling so fromm gewesen sein, dass er an den Fastentagen der Woche, mittwochs und freitags, die Brust der Mutter nur einmal nahm. Als er das erste Mal gebadet werden sollte, stand er angeblich bereits aufrecht ohne fremde Hilfe in der Wanne.
Bekehrung eines Juden durch das Nikolausbild
Ein sehr reicher Jude, der von den Wundertaten des Heiligen gehört hatte, ließ sich ein Heiligenbild anfertigen und befahl diesem, während seiner Abwesenheit über seine Schätze zu wachen. Trotzdem wurde seine Habe von Dieben gestohlen. Der Jude, verbittert über den Raub, machte dem Bildnis schwere Vorwürfe und strafte es mit Stock- und Peitschenhieben. Der heilige Nikolaus erschien daraufhin den Dieben und kündigte ihnen den Tod am Galgen an, wenn sie die Habe nicht zurückbrächten. Erschrocken gaben die Diebe das gestohlene Gut zurück und berichteten dem Juden von ihrer Erscheinung. Tief beeindruckt ließ sich der Jude taufen.
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