Alles beim Alten?
Das heutige Österreich ringt um sein Profil. War es in der fernen Vergangenheit hauptsächlich bäuerlich bestimmt, so haben doch die beiden Weltkriege, die über das Land hinweggefegt sind, wesentliche Veränderungen mit sich gebracht. Die grundlegenden Veränderungen zwischen den beiden Weltkriegen 1914 -1918 und dann 1939 -1945 sowie dann der Staatsvertrag 1955 haben neue Bezüge geschaffen, die bis heute nachwirken. Es wird in diesem Beitrag die Behauptung aufgestellt, dass die Bevölkerung landauf – landab zu wenig von der Geschichte weiß. Darauf soll an einem Beispiel hingewiesen werden.
„Die Eisenbahn ist ein Amt. Die Angestellten der Bahnen sind Beamte. Jede Kritik und jeder Vorschlag grenzt da unmittelbar an Amtsehrenbeleidigung oder an Einmischung in eine Amtshandlung. In Österreich waren die Bahnen niemals richtige Geschäftsunternehmungen und daher sind nicht sie für die Bevölkerung, sondern die Bevölkerung für die da. Nur politischer Einfluß kann hin und wieder bei diesen störrischen Verkehrsunternehmungen etwas durchsetzen – er wird aber in der Regel nur dazu angewandt, um zu erreichen, daß Schnellzüge in ganz unbedeutenden Stationen regelmäßig anhalten, weil der betreffende Politiker oder einer seiner einflußreichen Wähler dort wohnt. So kommt es, daß die Schnellzüge an so. vielen Stationen halten müssen, daß sie nur eine recht bescheidene Reisegeschwindigkeit erreichen.
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Auch in den Verkehrsmitteln steckt der mönchische Grundzug des österreichischen Wesens: Demut, Fügsamkeit, Anspruchslosigkeit, Nachsicht und stille Ergebenheit in den höheren, unerforschlichen Ratschluß von Vorgesetzten, denen Gott ihr Amt gegeben hat. Mit seinen mönchischen Tugenden steht der Wiener den Erscheinungen des modernen Lebens zweifelnd und zurückhaltend gegenüber. Die Synthese zwischen Tugend und modernem Leben ist gewiß noch nicht gefunden worden.“
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Siehe Otto Friedländer, der in lockerer und doch sehr kritischer Art ein Buch verfasst hat:
„Letzter Glanz der Märchenstadt: Bilder aus dem Wiener Leben um die Jahrhundertwende 1890 – 1914, Ring Verlag 1948, Seite 229.
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